Im letzten Winter rief mich mein Narzissenfreund Brian Duncan mit der Frage an, ob ich Lust hätte, mit ihm nach Spanien zu fahren, um dort Narzissen in der freien Natur zu suchen.
Klar hatte ich darauf Lust, Hauptsache es ist nicht im April, denn dann blühen meine Narzissen hier in den Niederlanden. Nein, es ging um den Februar, wir wollten in den Süden Spaniens, nach Malaga, und sollten von dort in zehn Tagen nach Madrid fahren. Ich sollte mich um ein Mietauto kümmern.
Brian tut immer so als hätte er mich gerne dabei, das stimmt natürlich auch, aber ein anderer gewichtiger Grund ist, dass seine Frau es nicht gut aushält, wenn ihr Mann selbst Auto fährt. Er ist weit in den 80ern und seine Frau Betty lässt ihn nur reisen, wenn einen vertrauenswürdige Person ihn chauffiert.
Aber ehrlich gesagt, es ist ein großes Vergnügen mit Brian durch Spanien zu reisen, denn er kennt die Wege wie kein anderer. Er war über 30 Mal dort und er weiß unendliche Geschichten über die wilden Narzissen zu erzählen. Und weil mich so viele Menschen fragen, was ich dort alles gesehen habe, widme ich diesen Newsletter der Reise zu den spanischen Narzissen.
Narcissus bujei (synonym N. confusus)
Diese Narzisse sieht aus wie die Miniversion der heutigen gelben Trompetennarzisse. Aber das scheint nicht war, denn man glaubt, dass die moderne gelbe Trompetennarzisse ein Nachkömmling der französischen Pseudonarzissen sind.
Wir waren ein bisschen zu früh, um sie in voller Blüte zu sehen, dies waren die ersten, die wir nach langer Suche gefunden haben. Sie erinnert sehr an die von uns kultivierte Narzisse pumilus, die wir in unserem Webshop anbieten.
Narcissus bulbocodium
Was ist das schön, Tausende und Abertausende dieser fröhlichen, kleinen Reifröckchen an den Straßenrändern, auf Hügelchen und Wiesen zu sehen. Überall dort, wo man sie einfach in Ruhe lässt. Im Norden der Stadt Andujar, bekannt für ihre Oliven, sind sie überall zu finden. Wie bei uns der Löwenzahn, so stehen hier die Bulbocodium Narzissen.
Unsere Mary Poppins, die Sie bei uns im Webshop finden, stammt von dieser Spezies ab.
Narcissus cantabricus
Eine strahlendweiße Reifrocknarzisse. Die ersten cantabricus sahen wir aus dem fahrenden Auto in der Dämmerung strahlen. Diese kleine Narzisse ist unglaublich weiß, dass man sie fast im Dunklen sehen kann.
Leider ist sie für die Kultur in den Niederlanden nicht gut geeignet. Sie blüht mitten im Winter und erfriert dann bei uns. Man findet sie im äußersten Süden von Spanien und an manchen Stellen an der Nordküste von Marokko. Sie liebt schönes, warmes Wetter. Vielleicht gibt es bald schöne Sämlinge dieser schnellweißen Reifrocknarzisse auf dem Markt, die besser mit unserem Wetter zurechtkommen.
Narcissus cerrolazae
Dies war für mich ein völlig neuer Name, noch nie hatte ich von ihr gehört: Narcissus cerrolazae. Dann kam raus, dass man sie vor ein paar Jahren noch einfach Narzisse jonquilla var. henriquesii nannte.
In den Niederlanden sagen wir: ‘Nichts ist so veränderlich wie das Wetter’, aber die Herren Botaniker sind in dieser Disziplin auch nicht schlecht. Vor allem, wenn es um die vielfach in Spanien vorkommenden gelben, duftenden, mehrblütigen Narzissen des Typs Jonquilla geht, scheinen sich die Herren nicht eins zu werden. Der Narzisse wird es egal sein, sie wurzelt bescheiden in einer Felsritze und genießt die spanische Sonne!
Narcissus fernandesii
Auch zu dieser Narzisse gibt es reichlich Diskussion unter den Pflanzenkundigen, wie sie wohl heißt. Ist es heniquesii oder fernandesii of doch cordubiensis? Oder ist es sogar eine reichblühende Form der cerrolazae?
Mir macht es nicht so viel aus, aber ich finde sie eine der schönsten Jonquillen, die zu finden sind. In unserer Gärtnerei haben wir eine große Partie davon und bei uns heißt sie fernandesii. Ich erwarte, dass sie in der Zukunft in vielen europäischen Gärten zu finden ist, denn es ist eine problemlose Narzisse, die stark wächst und reich blüht.
Narcissus assoanus
Klein, aber fein und in unvorstellbar großen Zahlen in weiten Teilen Südspaniens zu finden. Narcissus assoanus ist eine zuverlässige Narzisse, die gut wächst, aber für den Garten ist sie eigentlich ein bisschen zu winzig. Für einen Steingarten ist sie vielleicht perfekt. Ihre Nachkommen Desert Bells und Vireo sind allerdings Narzissen, die sich im Garten gut zeigen.
Narcissus gaditanus
Es gibt in Spanien wilde Narzissen, die so zahlreich auftreten, dass man aufpassen muss, dass man sie nicht zertritt. Diese Wahrscheinlichkeit ist bei Narcissus gaditanus allerdings nicht groß. Um sie zu entdecken, muss man wirklich suchen.
Sie wächst auf grasigen Felsformationen als kleine Überraschung. Ein echtes Glücksgefühl, wenn man sie findet.
Narcissus incurvicervicus
Noch so ein Wunder von Mutter Natur. Narcissus incurvicervicus ist keine echte Wildart, sondern eine Hybride von zwei Wildarten. In diesem Fall sind es Narcissus triandrus und Narcissus fernandesii. Auf dem folgenden Foto steht sie zwischen ihren Eltern.
Narcissus incurvicervicus mit ihren Eltern: links die weiße Narcissus triandrus und in der Mitte hinausragend die Narcissus fernandesii.
Narcissus litigiosus
Die Entdeckung einer Narcissus litigiosus war uns eine völlige Überraschung. Sie ist eine in der freien Natur sehr selten vorkommende Hybride von Narcissus cantabricus und Narcissus triandrus. Für einen Narzissenveredler ist es der größte Traum, so schöne Narzissen zu finden. Mutter Natur zeigt hier, was sie kann.
Narcissus tazetta pannizianus an einem steilen Bergabhang. Die kleinen weißen Pünktchen auf dem Grün sind die pannizianus, die größeren weißen Pünktchen stammen von den Vögeln!
Narcissus tazetta pannizianus
Ihre Blüte ähnelt sehr der Narcissus papyraceus, aber sie verhält sich sehr anders. Die papyraceus ist leicht an Acker- und Wegrändern zu finden, aber um diese feine Narzisse aus der Nähe zu betrachten, muss man schon mal eine Felswand beklettern. Unvorstellbar, dass sie an solchen Plätzen überleben.
Narcissus christopheri (syn koshinomurae)
Das Finden von christopheri ist etwas sehr Besonderes, denn sie kommt sehr selten vor. Sie stammt aus einer außerehelichen Affaire von Narcissus fernandesii mit Narcissus pannizianus. Außerdem steht sie an Felswänden, die man kaum erklettern kann. Aber mit viel Mühe und viel ‚vorsichtig‘ und ‚pass doch auf’ und ‘tu es nicht’ ist es mir doch gelungen, sie zu fotografieren.
Narcissus tazetta papyraceus
Die Narcissus papyraceus ist bei vielen von uns als ‘Paperwhite’ Narzisse bekannt. Eine der schönsten Narzissen, die wir in Spanien gesehen haben. Wir hatten auch Glück, sie war völlig aufgeblüht und stand mit ihren schneeweißen Blüten als prächtiges Unkraut an den Ackerrändern. Wir haben Tausende davon gesehen.
Narcissus rupicola
Um die rupicola zu finden, muss man an Stellen, wo man überhaupt nicht erwartet, dass hier etwas Schönes wachsen kann. An Stellen mit wenig Grün und viel Stein muss man schon klettern, um sie zu entdecken. Aber dann kommt sie plötzlich zum Vorschein. Wir waren etwas zu früh, um viele zu entdecken, es war auch eiskalt oben in den Bergen, aber nach langer Suche fanden wir an sonniger Stelle doch ein paar Exemplare.
Narcissus triandrus subsp. pallidulus
Was für eine herrlich bescheidene Narzisse ist das. Die Kombination von ihrer strengen Form mit ihrer frischen Farbe machen sie zu einer der schönsten spanischen Narzissen.
Narcissus triandrus ist die Mutter der legendären Narzisse Thalia. Auch alle anderen Kultivare der Triandrus Narzissen stammen von ihr ab. Aber die Mutter bleibt schön in Spanien, sie mag unser Klima nicht. Ihre Kinder sind dagegen auf der ganzen Welt zu finden.
Narcissus fosteri
Als letzte und besonders schöne Narzisse stelle ich Ihnen diese Kreuzung aus Narcissus triandrus und Narcissus bulbocodium vor. An Stellen, wo diese beiden Wildarten vorkommen, findet man die fosteri öfter. Weil sie alle aus Samen kommen, sind sie alle unterschiedlich. Dieser Tuff ist ein Unikat, so schön haben wir sie nirgends anders gesehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Carlos van der Veek