Die Amaryllis, Sie ist wieder bestellbar Du liest Unser Polderland am Nordseestrand 8 Minuten Weiter Die Goldküste

Mittlerweile lesen so viele Menschen diesen Newsletter, dass ich einfach mal vermute, dass die meisten von Ihnen gar nicht so genau wissen, wo Fluwel sitzt und woher die Blumenzwiebeln kommen. 

Nun, wie der Titel dieses Newsletters bereits verrät: Fluwel befindet sich nahe der Küste, genauer gesagt, zwischen der Stadt Alkmaar und der Gemeinde Den Helder in der niederländischen Provinz Nordholland.

Um zu uns zu gelangen, müssen Sie entlang des Nordhollandkanals auf der N9 von Alkmaar in Richtung Den Helder fahren. Haben Sie schließlich das Dorf Koedijk und die Stadt Schoorldam hinter sich gelassen und das Kilometerschild “Achtundachtzigpunktacht" passiert, dann erkennen Sie deutlich, dass die Landschaft nun eine Metamorphose durchläuft. Laternenpfähle machen den Windmühlen Platz und eine weite Ebene erstreckt sich vor Ihnen. Jetzt sind Sie dort angekommen, wo der Wind immer weht.

Werfen Sie nun einen Blick nach rechts über den Kanal, werden Sie zwar noch ein paar Kopfweiden entdecken, die ihr Bestes geben, aufrecht stehen zu bleiben. Links von Ihnen werden Sie dagegen kilometerweit nur noch karges Grasland sehen, hier und da einen Bauernhof und einem Deich am Horizont: den Hondsbossche- und den Pettemer-Seedeich. Und in diesem Moment wird Sie ein unbeschreiblich wunderbares Gefühl von Weite ergreifen.

Das obige Bild wurde vom Deich aus aufgenommen. Wenn Sie genau hinsehen, können Sie zwei kleine weiße Streifen auf der rechten Seite des Horizonts entdecken: die Fluwel-Scheune. Die Narzissen auf dem Foto habe ich übrigens vor etwa zehn Jahren mit meinem Sohn Karel gepflanzt und sie wachsen immer noch an Ort und Stelle. Es war ein kleines, aufregendes Abenteuer, denn ich erzählte Karel, der damals noch klein war, dass es in den Niederlanden viele kleine gesetzliche Übertretungen gibt, die nicht allzu schlimm sind. Natürlich werden auch diese – richtigerweise – bestraft, aber sie sind nicht so tragisch und weitreichend. Aber wehe dem, der Löcher in den Deich gräbt! Löcher in einen Deich zu graben, ist so ziemlich das Schlimmste, was man in den Niederlanden tun kann. Denn wenn etwas schief geht, steht über kurz oder lang einfach alles unter Wasser. Wir Menschen können zwar schwimmen, aber unsere Ziege würde ertrinken – erklärte ich meinem Sohn. Trotzdem schlichen Karel und ich im Dunkeln eines Abends mit einer Schaufel und Narzissen den Deich hinauf, um diese Narzissen zu pflanzen. Ui, war dieses kleine Vater-Sohn-Abenteuer aufregend. Niemand durfte uns sehen, nicht einmal der Weihnachtsmann! Bei jedem Auto, das vorbeifuhr, schmissen wir uns auf den Boden harrten regungslos und still aus – niemand sollte uns erwischen.

Ich schweife mal wieder ab … wo waren wir? Ach ja, bei der N9. Diese macht einige Minuten später bei Zijpersluis eine Kurve und führt durch einen kleinen Deich, auf dem Schafe grasen. Nun können sie in der Ferne mein Geburtsdorf sehen: Burgervlotbrug.

Dieses Dorf verdankt seinen Namen der Brücke, die man überqueren muss um nach Burgervlotbrug zu gelangen. Sie besteht aus zwei Teilen, die hin und wieder auseinander geschoben werden, um für Boote Platz zu machen, die durch den Kanal fahren.

Jetzt befinden Sie sich in dem über 400 Jahre alten Polder Zijpe. Sieht man von einer kleinen, leichten Kurve ab, können Sie von hier theoretisch die 20 Kilometer bis Den Helder auf gerader Strecke fahren. Aber das tun Sie nun nicht, stattdessen biegen Sie links ab in Richtung des Dorfes Petten.

Gleich hinter der Brücke sehen Sie auf der linken Seite die Fluwel-Scheune und wenn Sie nun am Kreisverkehr links abbiegen, fahren Sie etwa 500 Meter auf dem Pettemerweg, bevor Sie rechts auf den Belkmerweg abbiegen. Jetzt sind Sie bei Fluwel angekommen.

Was die meisten Menschen nicht wissen: Der Pettemerweg bildet die südliche Grenze des größten Blumenzwiebelanbaugebiets der Welt! Würden Sie von hier die 20 Kilometer in nördliche Richtung bis nach Den Helder fahren, sähen Sie nur Blumenzwiebelfelder. Zwiebeln, Zwiebeln und noch mehr Zwiebeln und ab und zu mit ... einer Kuh. Das obige Bild wurde vom Fluwel-Windrad in Richtung Den Helder aufgenommen.

Sie sind nun auch direkt am Meer – das Wasser ist kaum eine Meile von Ihnen entfernt. Zusammen mit dem Wind hat dieses Meer nach und nach den Sand auf unsere Felder gebracht, auf denen all diese Blumenzwiebeln so gut gedeihen. Wie Sie sehen können, macht Mutter Natur damit immer noch weiter. Ach, und ein kleiner Tipp: Wenn Sie aus Ihrem Auto steigen, halten Sie Ihre Tür gut fest, denn es besteht eine sehr große Wahrscheinlichkeit, dass sie Ihnen aus den Händen geweht wird.

Auf diesem Bild sehen Sie unser Wohnhaus mit dem Fluwel-Windrad. Auf dem Feld hinter dem Windrad wachsen unsere Blumenzwiebeln. Oben auf dem Bild sehen Sie das Küstendorf Petten und der grüne Streifen rechts davon sind ein paar Bäume, die 'Pettemerbos', also Pettemerwald, genannt werden. Und ja, es ist zwar ein Wald, aber viel zu klein, um sich darin zu verirren.

Dennoch sind die Bäume erwähnenswert, denn sie sind die ersten, die versuchen, am Fuße des windigen Deiches zu wachsen. Allerdings gelingt es ihnen nicht allzu gut, denn sie nehmen komische Formen an. Auf der Ostseite des Waldes gibt es zwar ein paar gerade Bäume, aber auf der Westseite des Waldes sehen die Bäume so aus:

Wenn Leute hin und wieder anzweifeln, dass es bei uns wirklich so windig ist, dann zeige ich ihnen immer dieses Bild ... sofort sind sie umgestimmt und glauben mir.

Weiter nördlich wird die Dünenreihe etwas dicker und somit ist es landeinwärts etwas weniger windig, dennoch ist an jedem einzelnen Gehölz im nördlichen Teil von Noord-Holland zu erkennen, aus welcher Richtung der Wind kommt. Die Bäume stehen, von klein auf vom Westwind gepeitscht, Richtung Osten wie alte Männer mit krummen Rücken.

Aber genug über den Wind, sonst denken Sie nachher, hier sei es nicht schön – aber das ist es! Es ist ruhig, Eile kennen die Menschen hier kaum, es wird hart gearbeitet, aber es bleibt immer Zeit für ein Gespräch.

Der Bus fährt immer pünktlich, weil es keine Staus gibt, und im Sommer hört man links und rechts fröhliche deutsche Sätze, denn vor allem aus dem Ruhrgebiet kommen viele deutsche Touristen für Tagesausflüge oder auch für eine längere Pause zu uns an die Küste. Und – nicht zu vergessen – es ist sehr flach hier. Für uns ist das nichts Besonderes, aber mit der Zeit fand ich heraus, dass diese Tatsache viele Menschen wirklich beeindruckt. Sieht man von den Dünen ab, ist es so flach wie eine Centmünze und man kann kilometerweit blicken.

Vor etwa einem Jahr wurde die Dünenreihe verstärkt. Jetzt gibt es sogar eine Dünenreihe hinter dem Deich. Petten war deshalb sogar in den Nachrichten, da die Deltawerke – ein Schutzsystem gegen Hochwasser und Sturmfluten – hier in voller Stärke realisiert wurden.

Es war ein Kampf gegen die Wellen, während der Deich mit ganzer Kraft jahrelang mit Sand aus dem Meer besprüht wurde. Sogar Tagesausflügler kamen, um diesen “Kampf” gegen das Wasser zu beobachten.

Auf diesem Bild können Sie gut sehen, was getan wurde: Die hellgrüne Krümmung ist der alte Hondsbossche-Seedamm. Auf der rechten Seite schmiegt sich nun die riesige Dünenreihe dagegen.

Aber abgesehen von diesem Spektakel ist es hier immer sehr ruhig, schön und still.

Die nächstgelegene Stadt ist das idyllische Schagen – auf dem Bild gut an den beiden Kirchtürmen zu erkennen, die links von dem mittleren Windrad stehen. Es ist eine typisch-niederländische Stadt mit einer Kirche, um die sich gemütliche Kneipen und gute Restaurants drängen. Umgeben von einigen Geschäften und vielen zufriedenen Menschen, die sich gegenseitig grüßen.

Das Schönste an Schagen ist jedoch der gigantische Frühlingsflor, der jedes Jahr zwischen den Dünen und der Stadt blüht. Viele Einwohner dieser Region empfinden es als ganz normal, dass die Blumenzwiebeln in so großer Pracht ihre Köpfe heben ... aber jedes Jahr habe ich das Vergnügen, mit jemandem dort spazieren zu gehen, der dieses Spektakel noch nie zuvor gesehen hat: die weiten Blumenzwiebelfelder von Nord-Holland in voller Blüte. Ohne zu übertreiben habe ich in diesen Momenten schon häufig brüchige Stimmen gehört und Tränen in den Augen der Besucher gesehen. Für jemanden, der diese Pracht noch nie zuvor gesehen hat, kann sie wirklich überwältigend sein.

Natürlich gibt es auch einen Deich auf der Ostseite des Zijperpolders. Ebenfalls schön und flach, dennoch deutlich anders als unser Deich. Der Boden dort ist lehmig, die Straßen kurvenreich und es gibt viel Kohlköpfe und Kühe und Wurzelgemüse. Die Menschen, die dort leben, werden von uns 'Achterdijkers' genannt, weil sie hinter dem Deich leben. Das Witzige ist, dass sie uns auch Achterdijkers nennen, aber eigentlich geht das ja überhaupt nicht, weil sie das ja schon sind ;-)

Dieses Foto übermittelt ganz gut, wie es bei uns in etwa aussieht. Wenn Sie Ruhe und Frieden suchen, kommen Sie uns gerne besuchen.


Grüße aus den Blumenzwiebelfeldern

Carlos van der Veek