Eine der am häufigsten gestellten Fragen meiner Newsletter-Leserinnen und -Leser bezieht sich auf die Vermehrung von Blumenzwiebeln. Und ich kann das gut nachvollziehen, denn es ist wirklich eine spannende Sache. Immerhin wissen wir alle, dass Lebendiges sich entwickelt und wächst. Aber wie genau ist das mit all den verschiedenen Zwiebelpflanzen?
Vor allem das Thema ‘Vermehrung’ stößt auf großes Interesse. Wie kann es sein, dass Blumenzwiebelgärtner jedes Jahr Tausende von Blumenzwiebeln verkaufen und dennoch genug für sich selber haben, um diese wieder auf den Feldern anzupflanzen?
Nun ... da sich jede Zwiebelpflanze auf ihre eigene Art vermehrt, kann ich hier leider keine universelle Erläuterung zum Thema geben. Aber da wir uns gerade in der Zeit der Amaryllis befinden, werde ich in diesem Newsletter einmal näher auf diese Winterschönheiten eingehen.
Bevor die Amaryllis in Stücke geschnitten wird, wird sie zunächst vollständig entblößt. Dann werden Kopf und Hinterteil abgetrennt.
Dann wird die nackte Blumenzwiebel in Stücke geschnitten.
Nun werden die Einzelteile für einen Tag gelagert, damit sie etwas trocknen.
Danach werden die Scheiben wiederum in Stücke geschnitten, wir nennen das Doppelschuppen. Dabei ist es wichtig, dass jedes Teil ein Stückchen des Zwiebelbodens enthält und zwei Zwiebelschalen.
Hier sieht man das ganze Martyrium der Amaryllis mit all den brutalen Einzelschritten. Kopf- und Hinterteil wurden entfernt, die Segmente und Doppelschuppen sind deutlich sichtbar. Man erkennt auch gut, dass jedes Stück noch einen kleinen Teil des Blumenzwiebelbodens aufweist – aus diesem wird in den kommenden Monaten eine neue Blumenzwiebel erwachsen.
Die Einzelteile kommen nun in mit Vermiculit (einem Mineral) oder Blumenerde gefüllte Plastiktüten, in denen sie vor Austrocknung geschützt sind. Jetzt steht die Lagerung an: mindestens drei Monate lang bei einer Temperatur von etwa 20 Grad Celsius.
Nach etwa drei Monaten sieht das Ergebnis so aus: Ein neues Blumenzwiebelchen wächst auf dem alten Blumenzwiebelboden. Die Energie zum Wachsen zieht das Baby aus den daneben liegenden Zwiebelschichten.
Jetzt werden die kleinen Pflänzchen vorsichtig im Gewächshaus ausgepflanzt und drei Jahre lang verwöhnt, damit sie zu großen Amarylliszwiebeln heranwachsen.
Während dieser dreijährigen Kultivierungsphase werden die Zwiebeln jedes Jahr ausgegraben und anschließend mit größerem Abstand wieder eingepflanzt, damit die Zwiebeln genug Platz zum Wachsen und treiben von Blättern haben. Erst im letzten Jahr bilden sich auch Blüten. Diese werden entweder entfernt oder – wenn es eine Nachfrage gibt – fein säuberlich abgeschnitten und auf der Blumenversteigerung als Schnittblumen verkauft.
Auf diesem Foto stehe ich in einem Gewächshaus eines Amaryllis-Gärtners, in dem schon im dritten Jahr Amaryllen wachsen. Das Martyrium ist vergessen und vergeben und aus jeder zerschnittenen Zwiebel sind bis zu 50 schöne neue dicke Amarylliszwiebeln gewachsen.
Und ja, wir geben es zu – und es tut uns auch leid – aber jede Amarylliszwiebel, die Sie im Fluwel-Webshop kaufen, stammt von einer Mutterzwiebel ab, die die beschriebene Tortur am eigenen Leibe durchmachen musste.
Mit freundlichen Grüßen
Carlos van der Veek